Im deutschen Handwerk ist der Titel des „Meisters“ noch immer verbunden mit hohen Qualitätsansprüchen, umfangreichen Wissen und einer enormen Fachkompetenz.

Doch wie genau sieht eigentlich eine Prüfung zum Augenoptikermeister aus? Was genau wird da von uns verlangt?

Mitarbeiterin Ines Wesele gibt euch gerne einen Einblick, denn sie kann als Mitglied des Meisterprüfungsausschusses von erster Hand berichten.

„Eine Meisterprüfung besteht aus insgesamt 4 Handlungsfeldern. Teil 3 und 4 sind in allen Handwerken die Selben: der Kaufmann und der Ausbilderschein. Teil 1 und 2 bezieht sich dann auf das Fachspezifische, in unserem Fall also die Augenoptik. Es gibt sowohl einen theoretischen Teil, welcher sich über 2 Tage erstreckt und den praktischen Teil, welcher ca. 5 Stunden in Anspruch nimmt.

Bei der praktischen Prüfung bekommen die Prüflinge einen Probanden, also einen Kunden mit vorher festgelegtem Profil, zugeteilt, welchen es von A-Z zu versorgen gilt.

Begonnen wird hierbei selbstverständlich mit einer Anamnese. Die Anamnese dient dazu, vorab Informationen zu erhalten die es uns ermöglichen, den Kunden bestmöglich zu beraten und auf ihn abgestimmte Screeningteste auszuwählen.

Im Anschluss folgt dann die sogenannte „subjektive Augenglasbestimmung“. Im Volksmund auch einfach „Sehtest“ genannt. Dass es hierbei vieles zu beachten gibt und mehrere Methoden angewandt werden müssen, ist vielen unbekannt. Ein Sehtest ist nicht nur ein Sehtest. Es ist wichtig dem Kunden genau zuzuhören und klare Fragen zu stellen um dann entscheiden zu können, welche Glasstärke der Kunde am Ende von uns bekommt. Neben der Bestimmung der Fernwerte gehören hier auch die Prismenkorrektion bei Winkelfehlsichtigkeiten, der binokulare Abgleich und auch die Nahprüfung dazu, für die es ebenfalls kundenabhängig zu entscheiden gilt, welche Methode angewendet werden soll.

Sind die richtigen Brillenstärken für den Kunden gefunden, muss der Prüfling nun mittels des vorgegebenen Profils des Kunden 3 Screeningteste auswählen, durchführen und interpretieren. Selbstverständlich spielt hier die Kundenansprache eine wichtige Rolle, denn schließlich wollen diese auch das wieso, weshalb und warum verstehen. Beispiele für Screeningteste sind unter anderem die Prüfung des Kontrastsehens, des Augeninnendrucks, des Farbensehens, des Dämmerungssehens, des Gesichtfeldes und die Betrachtung des Augenhintergrundes im Bereich des Sehnervenkopfes.

Nach einer kleinen Verschnaufpause geht es dann mit der Kontaktlinsenanpassung weiter. In der Prüfung muss sowohl eine weiche, als auch eine formstabile Kontaktlinse angepasst werden. Um die richtige Kontaktlinse für den Kunden auszuwählen, müssen vorher einige Messungen durchgeführt werden. Ebenfalls spielt die Untersuchung mit der Spaltlampe eine wesentliche Rolle, denn mittels dieses Mikroskops wird vorher der gesamte vordere Augenabschnitt auf Auffälligkeiten kontrolliert. Nach Angabe, Auswahl, Kontrolle und Reinigung der gewünschten Kontaktlinsen werden diese aufgesetzt, mittels Spaltlampe beurteilt und danach wieder abgesetzt. Wichtige Punkte bei der Beurteilung sind Größe, Beweglichkeit und Benetzung der Kontaktlinse mit dem Tränenfilm. Es erfolgen Angabe von Änderungswünschen der aufgesetzten Kontaktlinse, sowieso eine Nachkontrolle des Auges.

Nahtlos geht es für die Prüflinge nun weiter mit der sogenannten objektiven Augenglasbestimmung (sinnvoll z.B. im Alltag bei Kindern oder Personen, denen es nicht möglich ist, Angaben bei einer Sehstärkenbestimmung zu machen).

Zum Schluss folgt dann noch die Kalkulation für die empfohlenen Kontaktlinsen, die Vervollständigung der Dokumentation des gesamten Tages und die Eigenbewertung.

Nun haben die Prüflinge das Meiste hinter sich gebracht und Zeit Luft zu holen.

In dieser Zeit sichten wir die Dokumente, die Kalkulation, bewerten und beraten uns. Denn im Anschluss gibt es noch das 30-minütige Fachgespräch mit dem Prüfling, bei welchem nochmal das gesamte Projekt durchgesprochen und nachgehakt wird.

Nach guten 5 Stunden sind die Prüflinge dann entlassen und können hoffentlich bald ihren Meisterbrief entgegen nehmen.“

Wie Ihr also seht, gehört zu der Ausbildung als Meister mehr dazu als nur zu beraten, Brillen zu verkaufen und nach „besser oder schlechter“ zu fragen 😉

Wir lieben was wir tun und konnten Euch hoffentlich auch einen kleinen Einblick in die Anforderungen an einen Meister geben.

Kategorie: Meldungen

Tags: Augenoptik

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